Bemerkenswertes

 

Hermetik und Freimaurerei

Wiewohl ich einem qua Selbstdefinition "hermetischen" Freimaurerorden angehöre, bin ich kein Esoteriker im landläufigen Sinn. Ich glaube weder an Bestellungen beim Universum noch an hanebüchene Jahrmarkts-Wahrsagerei noch an das wirre Gestammel selbsternannter "Channeling"-Medien. In Wahrheit tue ich mir mit dem Glauben überhaupt recht schwer. Stattdessen pflege ich einen – gegenüber herkömmlicher Auffassung – wesentlich erweiterten Begriff von Wissen. Ich weiß nämlich nicht bloß das, was ich gelesen, gelernt und verstanden habe, sondern auch (und vor allem!) das, was ich mit all meinen (mindestens) fünf Sinnen erfahren habe. Und unter meinen persönlichen Erfahrungen ist mittlerweile so manches zu finden, was sich, wie Shakespeare sagt, "unsre Schulweisheit nicht träumen lässt". Meine Haut hier hat gelegentlich den Ruach Elohim, den Atem der Götter, unmittelbar gefühlt, ohne dass mir die Übersetzungs- und Verständnishilfe durch Schriftgelehrte vonnöten erschienen wäre. Erfahrungen solcher Art sind einer willkürlichen, ungesiebten Öffentlichkeit, und sei sie noch so klein, kaum ungestraft mitteilbar.

Dieser Notstand wurde irgendwann zur Notwendigkeit und hat mich schließlich zum Freimaurer gemacht: Das Klima der Offenheit und Toleranz in unseren Logen schuf und schafft mir den Raum, bislang Unsagbares mitzuteilen, ohne Verachtung oder Spott fürchten zu müssen.

Der Begriff Hermetik bezeichnet – ebenso übrigens wie der allzu moderne und daher zur Zeit wohl eher zu meidende Begriff Esoterik – etwas nach außen Abgeschlossenes, nur einem inneren Kreis ("esoterikós") Zugängliches. Insofern ist die Freimaurerei meines Erachtens in jeder ihrer Erscheinungsformen hermetisch. Zudem ist unserer königlichen Kunst von alters her ein dreistufiges System der Einweihung zu eigen: Nicht jahrelanges Studium irgendwelcher Bücher, sondern die vergleichsweise kurze Erfahrung eines symbolischen Rituals macht den Profanen zum Freimaurer ersten Grades, den Lehrling zum Gesellen, den Gesellen zum Meister.

Allerdings sollte diesen Ritualen freilich bereits ein langer Prozess vorausgegangen sein, während dessen sich der profane Mensch Schritt für Schritt durch persönliche Erkenntnis selbst zum Freimaurer gemacht hat und macht!

Aus einem Vortrag von Br.: Michael

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