Das Element Luft: Wind macht die Schiffe segeln

Was uns inspiriert

Fermentatio: Eine Stufe der AlchemieKlar, kühl und alles durchdringend: Die Luft ist das Element des Windes, der Beweglichkeit, der Intelligenz. In den meisten hermetischen Denkschulen verkörpert sie Geist, Kommunikation, den frei fliegenden Gedanken. Somit ist sie auch eng verwandt mit Hermes, dem Götterboten, der der Hermetik seinen Namen lieh ...

Die Wirksamkeit der Ideale

Aus: Zhuangzi - Das wahre Buch vom südlichen Blütenland

Nach Zhuang Zhou (365-290 v.Z.) wird auch das teilweise von ihm verfasste Werk, aus dem wir hier zitieren, Zhuangzi genannt. Zhuang Zhou erlangte 1000 Jahre später große Verehrung als daoistischer Heiliger, und so erhielt das Buch im Jahre 742 unter Kaiser Xuanzong den ehrenvollen Titel Das wahre Buch vom südlichen Blütenland (南華眞經, Nan Hua Zhen Jing).

Trotz der Größe der sichtbaren und unsichtbaren Welt vollziehen sich ihre Wandlungen doch im Gleichgewicht; trotz der Vielheit der Einzeldinge unterstehen sie doch Einer durchgehenden Ordnung; trotz der Menge der Einzelmenschen unterstehen sie doch Einem Herrn.
Das Herrsein hat seinen Ursprung im Leben und vollendet sich durch den Himmel; darum ist es ein Mysterium. Die Alten waren Herren der Welt, indem sie nicht handelten und einfach dem Leben des Himmels seinen Lauf ließen.
Wenn man die Begriffe im Lichte des Sinnes betrachtet, so bekommt der Herrscher der Welt seine rechte Stellung.
Wenn man die Rangunterschiede im Lichte des Sinnes betrachtet, so werden die Pflichten von Herrn und Knechten klar.
Wenn man die Fähigkeiten im Lichte des Sinnes betrachtet, so findet jeder auf der Welt die ihm entsprechende Stellung.
Wenn man das All im Lichte des Sinnes betrachtet, so werden die Beziehungen der Einzelwesen zueinander vollkommen.
Denn, was Himmel und Erde durchdringt, ist das Leben; was in allen Einzelwesen wirksam ist, ist der Sinn. Was die Menschen in Ordnung bringt, sind die Einrichtungen.
Fähigkeit, die auf ihrem Gebiet etwas leistet, ist Kunst. Kunst muss in Übereinstimmung sein mit den Einrichtungen. Die Einrichtungen müssen in Übereinstimmung sein mit dem Recht. Das Recht muss in Übereinstimmung sein mit dem Leben. Das Leben muss in Übereinstimmung sein mit dem Sinn. Der Sinn muss in Übereinstimmung sein mit dem Himmel.
So heißt es: Die Alten sorgten für die Welt, indem sie wunschlos waren, und die Welt hatte Genüge. Sie handelten nicht, und alle Wesen waren ihrem Einfluß zugänglich. Sie verharrten in abgrundtiefer Stille, und die Untertanen kamen in feste Geleise.
Im Merkbuch heißt es: Dringe durch zum Einen, und alle Einrichtungen werden vollendet; begehre nicht Besitz, und Geister und Götter fügen sich.

Der Windesser

Aus dem Band Te Kaihau - Der Windesser von Keri Hulme

Die neuseeländische Autorin Keri Hulme behandelt in ihren literarisch hoch ambitionierten, originellen Erzählungen Themen wie die Magie der Natur, intuitives Wissen versus die (beschränke) rationale Erkenntnis, Gewalt, Verletzlichkeit, Einsamkeit und immer wieder auch Landschaft, Natur und Mythen ihrer Heimat.

He, das Wort gibt es gar nicht. Trotzdem gibt es von dieser Sorte viele.

Ich bekam das Wort zum Geschenk, geschenktes Fundstück. Zerbrich zum Beispiel ein ordentliches Wort, beachtlich in all seinen Bestandteilen: du weißt, es heißt manches, Landstreicher oder Angeber, zum Beispiel. Oder Ritual mit einer Frau. Oder es bedeutet Eigentumserwerb ohne Gegengabe, und gleichzeitig heißt es Strafe für den eigennützigen Erwerber: wenn es ungebrochene ganze Worte sind. Doch spaltet man sie, entweicht ihnen eine Kraft und das Wort wird zur Frau, die ihren Sinn sucht, Sinn ihres Lebens und ihrer Welt ...

Was nur beweist, wie hinreißend naiv wir Menschen sind. Sinn der Welt. Na also!

Jetzt frag' mich, was du willst,

denn meine Hand wird mir schwer und

in einer Sekunde

bin ich nicht mehr da.

Die Verführer

aus: Der weiße Dominikaner von Gustav Meyrink

Gustav Meyrink (1868-1932), Schriftsteller und Bankier, schuf - neben einer Reihe köstlicher Satiren - einige hermetisch-okkulte Romane wie etwa Der Golem, Das grüne Gesicht und Der weiße Dominikaner, die als Schlüsselwerke Bedeutung erlangt haben. Er selbst gehörte - unter dem Logennamen Br∴ Dagobert - der theosophischen Prager Loge Zum Blauen Stern an, die abwechselnd in seiner Wohnung und in einem nahegelegenen Café zu tagen pflegte.

Trümmer, Balken gestrandeter Schiffe, die auf dem Ozean der Vergangenheit treiben, hast du gesehen; aus seelenlosen Resten versunkener Gestalten, aus vergessenen Eindrücken deines Geistes haben die lemurenhaften Bewohner des Abgrundes das Bildnis unseres Meisters zum Hirngespinst geformt, um dich zu täuschen, haben mit feiner Zunge zu dir geredet leere hochklingende Worte der Betörung, um dich hineinzulocken, Irrlichtern gleich, in die todbringenden Sümpfe der planlosen Taten, darinnen schon Tausende vor dir und größere als du elendiglich versunken sind. Selbstverzicht nennen sie den Phosphorschein, mit dem sie ihre Opfer überlisten, die Hölle hat frohlockt, als sie ihn angezündet haben dem ersten Menschen, der ihnen vertraute. Was sie zerstören wollen, ist das höchste Gut, das ein Wesen erringen kann: das ewige Bewußtsein als Persönlichkeit. Was sie lehren, ist Vernichtung, aber sie kennen die Gewalt der Wahrheit, darum sind alle Worte, die sie wählen, Wahrheit - doch jeder Satz daraus geformt ist abgrundtiefe Lüge.

Wo Eitelkeit und Machtbegier in einem Herzen wohnen, da sind sie zur Hand und fachen diese trüben Funken an, bis sie glänzen wie helles Feuer und der Mensch wähnt, in selbstloser Liebe für seinen Nächsten entbrannt zu sein und hingeht und predigt, ohne berufen zu sein - ein blinder Führer wird und mit den Lahmen in die Grube stürzt.

(...)

Wo sie sehen, daß ein Kristall sich bildet, der symmetrisch - ein Ebenbild Gottes - zu werden verspricht, da bieten sie alles auf, ihn zu zertrümmern. Keine Lehre des Ostens ist ihnen zu fein, als daß sie sie nicht vergröberten, bis sie das Gegenteil darstellt von dem, was gemeint war. Vom Osten kommt das Licht, sagen sie und meinen heimlich die Pest damit.

Die einzige Tat, die des Vollbringens wert ist: die Arbeit am eigenen Selbst, nennen sie Selbstsucht; Weltverbessern, aber nicht wissen wie, - Habsucht mit dem Namen Pflicht bemänteln und Neid mit Ehrgeiz, das sind die Gedanken, die sie den irrenden Sterblichen einflößen.

Das Reich zersplitternden Bewußtseins ist ihr Zukunftstraum, Besessenheit allüberall ihre Hoffnung; sie predigen den Mund der Besessenen das Tausendjährige Reich wie einst die Propheten, aber daß das Reich nicht von dieser Welt ist, solange die Erde sich nicht verwandelt und der Mensch durch die Wiedergeburt des Geistes - das verschweigen sie; sie strafen die Gesalbten Lügen, indem sie die Reife der Zeit vorwegnehmen.
Wenn ein Heiland kommen soll, äffen sie ihm vor; wenn er geht, äffen sie ihm nach.

Sie sagen: tritt als Führer auf! wohl wissend, daß nur einer führen kann, der vollkommen geworden ist. Sie drehen es um und betrügen: führe, so wirst du vollkommen.

Es heißt: wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch den Verstand; sie aber suggerieren: nimm dir ein Amt, und Gott wird dir den Verstand geben.

Sie wissen: das Leben auf Erden soll ein Zustand des Übergangs sein, darum locken sie listig: mach ein Paradies aus dem Diesseits, wohl kennend die Vergeblichkeit solcher Mühe.

Der Kategorische Imperativ

Immanuel Kant und seine Kritiker

Der kategorische Imperativ ist in der Philosophie von Immanuel Kant (1724-1804) das grundlegende Prinzip der Ethik. Er gebietet allen endlichen vernunftbegabten Wesen und damit allen Menschen, ihre Handlungen darauf zu prüfen, ob sie einer für alle Menschen, ausnahmslos und jederzeit geltenden Maxime folgen und ob dabei das Recht aller Betroffenen, auch als Selbstzweck, also nicht als bloßes Mittel zu einem anderen Zweck behandelt zu werden, berücksichtigt wird. Der Begriff wird in Kants Grundlegung zur Metaphysik der Sitten vorgestellt und in der Kritik der praktischen Vernunft ausführlich entwickelt. Der Kernsatz lautet:

Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde

und in einer Abwandlung

Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.

Diese Regel blieb nicht lange unwidersprochen. Bereits Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831; in: Grundlinien zur Philosophie des Rechts) sah in der im kategorischen Imperativ zum Ausdruck kommenden formellen Subjektivität der Vernunft die Gefahr,

... ins Böse umzuschlagen. An der für sich seienden, für sich wissenden und beschließenden Gewissheit seiner selbst haben beide, die Moralität und das Böse, ihre gemeinschaftliche Wurzel..

Noch weiter ging die Kritik von Jürgen Habermas (*1929), der in Moralbewusstsein und kommunikatives Handeln schrieb:

Der kategorische Imperativ bedarf einer Umformulierung in dem vorgeschlagenen Sinne: Statt allen anderen eine Maxime, von der ich will, dass sie allgemeines Gesetz sei, als gültig vorzuschreiben, muss ich meine Maxime zum Zweck der diskursiven Prüfung ihres Universalitätsanspruchs allen anderen vorlegen. Das Gewicht verschiebt sich von dem, was jeder (einzelne) ohne Widerspruch als allgemeines Gesetz wollen kann, auf das, was alle in Übereinstimmung als universale Norm anerkennen wollen.

Was ist denn nun wahr?
Oder, provokant gefragt: Gibt es die überhaupt, die Wahrheit?