Das Element Wasser: Die dunkle See von Binah

Was uns berührt

Es ist nicht nur der wache, scharfe Verstand, der den Freimaurer ausmacht, so er sein Werk recht versteht. Der Verstand bildet nur das goldene Gefäß. Der Inhalt dieses Gefäßes aber ist flüssig, formlos, silbrig und von Natur aus entgrenzt: Es ist das tiefe, unergründliche Zaubermeer unserer Gefühle.

Die sieben hermetischen Prinzipien

Aus dem Kybalion

Das Kybalion wurde erstmals im Dezember 1908 in Chicago veröffentlicht. Seine Autoren hielten sich bedeckt und verwiesen bloß auf drei Eingeweihte. Inhaltlich bezieht es sich auf die Tabula Smaragdina und das Corpus Hermeticum.

  1. Das All in Allem
    Wenn Alles im All ist, so ist es in gleicher Weise wahr, daß das All in Allem ist. Derjenige, der diese Wahrheit richtig versteht, hat großes Wissen erlangt.
  2. Die Ebenen der Entsprechungen
    Wie oben, so unten; wie unten, so oben.
  3. Schwingung
    Nichts ist in Ruhe, alles bewegt sich, alles ist in Schwingung.
  4. Polarität
    Alles ist zwiefach, alles hat zwei Pole, alles hat sein Paar von Gegensätzlichkeiten; gleich und ungleich ist dasselbe, Gegensätze sind identisch in der Natur, nur verschieden im Grad; die Extreme berühren einander; alle Wahrheiten sind nur halbe Wahrheiten; alle Widersprüche können miteinander in Einklang gebracht werden.
  5. Rhythmus
    Alles fließt aus und ein, alles hat seine Gezeiten, alle Dinge steigen und fallen, das Schwingen des Pendels zeigt sich in allem; das Maß des Schwunges nach rechts ist das Maß des Schwunges nach links; Rhythmus kompensiert.
  6. Ursache und Wirkung
    Jede Ursache hat ihre Wirkung, jede Wirkung ihre Ursache; alles geschieht gesetzmäßig, Zufall ist nur der Name für ein unbekanntes Gesetz. Es gibt viele Ebenen der Ursächlichkeit, aber nichts entgeht dem Gesetz.
  7. Geschlecht
    Geschlecht ist in allem, alles hat männliche und weibliche Prinzipien, Geschlecht offenbart sich auf allen Ebenen.

Symbolum

Des Maurers Wandeln ...

Symbolum ist ein undatiertes, etwa um 1815 vorgetragenes Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe für die Weimarer Freimaurerloge Anna Amalia zu den drei Rosen.

Des Maurers Wandeln,
Es gleicht dem Leben,
Und sein Bestreben,
Es gleicht dem Handeln
Der Menschen auf Erden.

Die Zukunft decket
Schmerzen und Glücke
Schrittweis dem Blicke;
Doch ungeschrecket
Dringen wir vorwärts.

Und schwer und ferne
Hängt eine Hülle,
Mit Ehrfurcht, stille
Ruhn oben die Sterne
Und unten die Gräber.

Betracht sie genauer
Und siehe, so melden
Im Busen der Helden
Sich wandelnde Schauer
Und ernste Gefühle.

Doch rufen von drüben
Die Stimmen der Geister,
Die Stimmen der Meister:
Versäumt nicht zu üben,
Die Kräfte des Guten!

Hier winden sich Kronen
In ewiger Stille,
Die sollen mit Fülle
Die Tätigen lohnen!
Wir heißen euch hoffen.

Die endgültige Reise

Von Juan Ramón Jiménez

Juan Ramón Jiménez Mantecón (1881-1958) war ein spanischer Lyriker und Schriftsteller. Er erhielt seine Erziehung im Jesuitenkolleg von Puerto de Santa María zu Cádiz. 1900 ging er nach Madrid, 1901 gelang ihm mit Arias tristes der literarische Durchbruch. 1956 wurde ihm den Nobelpreis für Literatur verliehen.

Und ich werde gehen
und bleiben werden die Vögel und singen;
und bleiben wird mein Garten,
mit seinem grünen Baum und seinem weißen Brunnen.

Jeden Abend wird der Himmel
blau und friedlich sein,
und läuten werden, wie heute abend,
die Glocken vom Glockenturm.

Sterben werden jene, die mich liebten;
und das Dorf wird neu jedes Jahr;
und in jener Ecke meines weißblühenden Gartens
wird mein Geist heimwehtrunken umherirren ...

Und ich werde gehen;
und ich werde allein sein,
ohne Heim,
ohne grünen Baum,
ohne weißen Brunnen,
ohne blauen und friedlichen Himmel ...
Und die Vögel werden bleiben und singen.

Wer suchet, der suche, bis er findet

Aus dem Thomas-Evangelium

Um 1945 fand man 13 Papyrus-Kodizes in Nag Hammadi in Ägypten; darunter (im Codex II, als Traktat 2) den nahezu vollständigen koptischen Text von 114 Aussprüchen (Logien), als Evangelium nach Thomas unterschrieben und heute in Kairo aufbewahrt. Die Handschrift wurde etwa um 350 n. Chr. geschrieben, sie hatte aber wohl eine wesentlich ältere Vorlage.

Wer sucht, der suche, bis er findet.
Und wenn er gefunden hat,
wird er erschüttert werden.
Und wenn er erschüttert ist,
wird er staunen.
Und dann wird er über das All herrschen.

Bronté - der Donner. Vollkommener Verstand

Aus den Kodizes von Nag Hammadi

Mit dem Thomas-Evangelium tauchte im Jahr 1945 in Nag Hammadi, Ägypten, auch das Manuskript Bronté (Der Donner) im Bewusstsein der Weltgeschichte auf - als NHC VI,2, also Nag Hammadi Codex VI, Traktat Nr. 2. Es handelt sich um einen bemerkenswerten hymnischen Text in koptischer Sprache - die Offenbarung einer Priesterkönigin, die sich selbst in Gegensätzen, Rätseln und Paradoxa beschreibt:

Gesandt hat mich die Macht.

Gekommen bin ich zu denen, die über mich nachsinnen,
gefunden werde ich bei denen, die mich suchen.
Seht nach mir, ihr, die ihr über mich nachsinnt,
und ihr, die ihr hören wollt, hört mir zu.
Ihr, die ihr auf mich wartet, nehmt mich zu euch.
Und verbannt mich nicht aus eurem Blick
und euer Mund wie euer Ohr sei frei von Hass wider mich.
Übergeht mich nicht, an keinem Ort, zu keiner Zeit.
Seid wachsam!
Übergeht mich nicht.

Denn ich bin die Erste und die Letzte.
Ich bin die Ehrbare und die Verachtete.
Ich bin die Hure und die Heilige.
Ich bin die Gattin und die Jungfrau.
Ich bin die Mutter und die Tochter.
Ich bin die Familie meiner Mutter.
Ich bin die Unfruchtbare, doch groß ist die Zahl meiner Söhne.
Ich bin die, die große Hochzeit feiert und doch keinen zum Mann genommen hat.
Ich bin die Hebamme und die, die nicht empfängt.
Ich bin die Linderung meiner Wehen.
Ich bin die Braut und der Bräutigam, und es war mein Mann, der mich gezeugt hat.
Ich bin die Mutter meines Vaters und die Schwester meines Mannes
und dieser ist meinem Schoß entsprossen.
Ich bin die Dienerin dessen, der mich vorbereitet hat und die Herrin meines Sprößlings.
Doch ist er der, der mich gezeugt hat vor der Zeit, am Tage der Geburt
und zur rechten Zeit ist er meinem Schoß entsprossen.
Und meine Kraft und Hoffnung kommt durch ihn.
Ich bin der Stab seiner Macht in seiner Jugend, und er ist der Stecken meines Alters.
Und sein Wille geschieht mir allzeit.
Ich bin die Stille, die unfassbare, und der Gedanke, der immer wieder neu erinnert wird.
Ich bin die Stimme, deren Klang mannigfaltig ist, und das Wort, das in vielen Gestalten erscheint.
Ich bin der Ausdruck meines Namens.

Ihr, die ihr mich hasset, warum liebet ihr mich und hasset die, die mich lieben?
Ihr, die ihr mich verleugnet, bekennet euch zu mir.
Ihr, die ihr euch zu mir bekennet, verleugnet mich.
Ihr, die ihr die Wahrheit über mich sprecht, lüget.
Ihr, die ihr lügt über mich, sprecht die Wahrheit.
Ihr, die ihr von mir wisset, übergeht mich und lasset jene von mir wissen, die mich nicht kennen.

Denn ich bin die Weisheit und die Unwissenheit.
Ich bin die Scham und die Kühnheit.
Ich bin schamlos; verschämt bin ich.
Ich bin die Stärke, und die Furcht bin ich.
Ich bin Krieg und Frieden.
Beachte mich.
Ich bin die Schändliche und die Herrliche.

Seht meine Armut und meinen Überßuss.
Begegnet mir nicht mit Hochmut, wenn ich heimatlos bin auf dem Antlitz der Erde,
und ihr werdet mich in jenen wieder finden, deren Zeit gekommen ist.
Seht nicht herab auf mich in meinem Dreck,
verlasst mich nicht, die ich heimatlos bin,
und ihr werdet mich in Königspalästen wieder finden.
Seht nicht herab auf mich, die ich obdachlos bin unter den Rechtlosen in der Gosse
und verlacht mich nicht.
Werft mich nicht fort zu den gewaltsam Hingemordeten.
Denn ich, ich bin mitfühlend, und ich bin grausam.

Seid wachsam!
Hasset nicht meinen Gehorsam noch liebet meine Enthaltsamkeit.
Verratet mich nicht in meiner Schwäche und fürchtet nicht meine Macht.
Warum verachtet ihr denn meine Furcht, warum verflucht ihr meinen Stolz?
Ich aber bin die, in jeder Furcht besteht, bebend, doch kraftvoll.
Ich bin die, die schwach ist und doch wohlauf an einem wohligen Ort.
Ich bin töricht, und ich bin weise.

Warum hasset ihr mich in eurem Ratschluss?
Ich werde schweigen unter den Stillen, und ich werde auftreten und mein Wort erheben.
Warum denn habt ihr mich gehasst, ihr Griechen?
Weil ich Barbarin unter den Barbaren bin?
Doch ich bin die Weisheit der Griechen und das Wissen der Barbaren.
Ich bin der Griechen Gericht und das der Barbaren.
Ich bin die, deren Bildnis groß ist in Ägypten und die bei den Barbaren kein Bildnis hat.
Ich bin die, die überall gehasst und überall geliebt wurde.
Ich bin die, die sie Leben nennen und die ihr Tod genannt habt.
Ich bin die, die sie Gesetz nennen, und ihr habt mich Gesetzlosigkeit genannt.
Ich bin die, die ihr verfolgt habt, und ich bin die, die ihr ergriffen habt.
Ich bin die, die ihr in alle Winde verstreut habt, und ihr habt mich wieder versammelt.
Ich bin die, vor der ihr euch geschämt habt, und ihr seid schamlos gewesen gegen mich.
Ich bin die, die kein Fest macht und ich bin die, die viele Feste feiert.
Ich, ich bin gottlos, und ich bin die, deren Gott groß ist.
Ich bin die, über die ihr nachgesonnen habt und die ihr verlacht habt.
Ich bin ungebildet, und sie lernen von mir.
Ich bin die, die ihr verachtet habt, und ihr sinnt nach über mich.
Ich bin die, vor der ihr euch verborgen hieltet, und ihr erscheint vor mir.
Doch wann immer ihr euch verbergt, werde ich euch erscheinen.
Und wann immer ihr erscheint, werde ich selbst mich verbergen.

Nehmt mich mit euch fort von den hässlichen und zerstörten Orten; beraubet jene, die gut sind, wenngleich auch hässlich.
Aus Scham nehmt mich schamlos mit euch;
aus Schamlosigkeit und Scham tadelt die Meinen unter euch.
Schart euch um mich, ihr, die ihr mich kennt und die ihr die Meinen kennt
und richtet auf die Großen unter den kleinen Geschöpfen.
Schart euch um die Kinder und verachtet sie nicht, weil sie klein und winzig ist.
Entfernt nicht das Große vom Kleinen, denn das Kleine erscheint durch das Große.

Wieso verflucht ihr mich und wieso ehrt ihr mich?
Ihr habt verletzt, und ihr wart voll der Gnade.
Entfernt mich nicht von den Ersten, die ihr gekannt habt.
Und vertreibt niemanden und entfernt niemanden.

Ich kenne die Ersten, und die nach ihnen kommen, kennen mich.

Ich bin das Wissen meiner Frage,
und das Entdecken derer, die mich suchen,
und der Befehl derer, die mich brauchen,
und die Macht der Mächte
in meiner Kenntnis der Boten, die mein Wort gesandt hat
und der Götter in ihren Jahrzeiten durch meinen Rat
und der Geister aller Männer, die mit mir bestehen
und aller Frauen, die in mir wohnen.
Ich bin die Geehrte, die Gelobte und die spöttisch Verachtete.
Ich bin Frieden, und um meinetwillen herrscht Krieg.
Ich bin die Fremde und die Einheimische.
Ich bin der Leib und die Körperlose.

Die mir nicht angehören, übergehen mich, und die in meinem Leib sind, kennen mich.
Die mir nahe waren, haben mich übergangen, und die mir fern waren, haben mich gekannt.
Sobald ich euch nahe bin, seid ihr mir fern und sobald ich euch fern bin, seid ihr mir nahe.

Ich bin die Herrschaft und die Unbeherrschbare.
Ich bin die Vereinigung und die Auflösung.
Und doch bin ich der Bestand und ich bin die Auflösung.
Ich bin die, die unten steht, und sie kommen herauf zu mir.
Ich bin die Verdammnis und der Freispruch.
Ich, ich bin ohne Sünde, und die Wurzel der Sünde sprießt aus mir.
Nach außen hin erscheine ich als Lust, und im Inneren beherrsche ich mich.
Ich bin das offene Ohr, für jedermann erreichbar, und die Rede, die niemand versteht.
Ich bin die Stumme, die niemals spricht, und groß ist die Vielfalt meiner Worte.

Hört mir zu in Sanftheit, lernt von mir in Roheit.
Ich bin die, die aufschreit, und fortgejagt werde ich über das Antlitz der Erde.
In mir bereite ich das Brot und meinen Verstand.
Ich bin die, die ihren Namen kennt.
Ich bin die, die aufschreit, und ich höre zu.

Ich bin die, deren Name Wahrheit ist und Verderbtheit.

Ihr ehrt mich und ihr verschwört euch wider mich.
Die ihr besiegt seid, fällt euer Urteil, bevor die Sieger das Urteil sprechen,
denn der Richter und das Urteil sind in euch selbst.
Wenn jener euch verdammt, wer wird euch freisprechen?
Und wenn jener euch freispricht, wer wird euch anklagen können?
Denn was in euch ist, ist das, was um euch ist,
und der das formte, was euch umgibt, ist derselbe, der das entwarf, was in euch ist.
Und was ihr um euch seht, seht ihr auch in euch;
es ist sichtbar; es ist eure Robe.

Hört mir zu, die ihr hören wollt,
und lernt aus meinen Worten, ihr, die ihr mich kennt.
Ich bin das offene Ohr, für jedermann erreichbar, und die Rede, die niemand versteht.
Ich bin der Name des Klanges und der Klang des Namens.
Ich bin das Zeichen des Buchstabens und die Bezeichnung der Teilung.

Und ich werde seinen Namen sprechen.

Seht also seine Worte
und die Schriften, die zu Ende geschriebenen.
Merkt also auf, ihr, die ihr zuhört
und auch ihr, ihr Boten und Gesandten,
und ihr Geister, die ihr von den Toten aufgestanden seid.
Denn ich bin die, die alleine besteht, und es gibt keinen, der Gericht über mich halten wird.

Denn vielfach sind die gefälligen Formen einer Vielzahl von Sünden
und Unbeherrschtheiten
und schändlichen Leidenschaften
und flüchtigen Vergnügungen, denen die Menschen sich hingeben,
bevor sie nüchtern werden
und ihren Rastplatz erklimmen.

Und dort werden sie mich finden
und sie werden leben
und niemals mehr sterben.